Der Herr Jakob – Wir schaffen das

herrjakob_klHerr Jakob sitzt wieder an seinem Fenster, am geschlossenen Fenster, denn es ist ziemlich kalt draußen. Aber er sieht ja auch durch die Scheiben, was sich in seiner Straße tut.
Am Fensterbrett steht eine große Tasse Milchkaffee, eine Packung Kekse hat er auch bereit gelegt und die Zeitung, die ihm Mohamed gebracht hat, liegt ebenfalls bereit. Darin schmöckert er noch ein wenig, wenn sich draußen grad nichts tut.
Wenn jemand mit dem Herrn Jakob plaudern möchte, dann klopft er einfach an die Scheibe. So macht das die Frau Anna aus dem 3. Stock heute.
“ich zieh um, Herr Jakob” ohne zu grüßen sprudelt es aus der Frau Anna heraus.
Dazu muss man wissen, dass die Frau Anna im 3. Stock wohnt und das Haus keinen Lift hat. Frau Anna ist schon eine etwas betagte Dame und das Stiegen steigen fällt ihr von Tag zu Tag schwerer.
Sie hat sich schon vor Jahren bei der Gemeinde um eine seniorengerechte Wohnung angemeldet und jetzt ist der Bescheid gekommen, dass sie dort einziehen kann.
Ganz aufgeregt ist die Frau Anna und der Herr Jakob freut sich mit ihr.
Obwohl er auch ein wenig traurig ist, denn immer mehr Leute, die er lieb gewonnen hat und die zu ihm zum Plaudern kommen, verschwinden aus der Straße.
Entweder sie sterben, wie der Herr Dorner oder sie ziehen weg.
Das Geschäft von den Dorners steht immer noch leer, die Frau Dorner kann es allein nicht weiter führen und bis jetzt hat sich noch niemand gefunden der es haben hätte wollen.
Alle Leute laufen jetzt in den Supermarkt an der Ecke um ihr Obst und Gemüse zu holen.


Die Frau Anna sprudelt immer noch über vor Freude und überlegt, welche Möbel sie mitnehmen wird können.
Der Herr Jakob kennt da ein sehr günstiges Umzugsunternehmen und schreibt der Frau Anna die Adresse und Telefonnummer auf einen kleinen Zettel.
Überschwenglich bedankt sich die Anna und geht beschwingt davon.
Sehr nachdenklich bleibt der Herr Jakob zurück und macht sein Fenster wieder zu, denn langsam wird ihm kalt. aber kaum hat er es sich gemütlich gemacht, klopft es wieder an der Scheibe und die Floristin, die Frau Matzner,  von gegenüber will “eine rauchen” beim Herrn Jakob.
Sie ist in eine dicke Daunenjacke gehüllt und hat Handschuhe an, denen die Fingerspitzen fehlen.
“Kalt is heute” meint sie und der Herr Jakob nickt, ihm ist auch kalt, am offenen Fenster.
Aber es freut sich trotzdem dass die Frau Matzner her gekommen ist und erzählt ihr auch gleich, dass die Anna aus dem Haus vis a vis, die aus dem 3. Stock, jetzt eine Seniorenwohnung bekommen hat.
“Na dass sich die das noch antut in ihrem Alter” meint die Frau Matzner. Der Herr Jakob meint drauf “Ja wann denn sonst soll man in eine Seniorenwohnung ziehen, wenn nicht im Alter ?”
“Aber der ganze Stress mit Umzug usw., das ist doch für so eine alte Frau furchtbar.”
“Jeden Tag mehrmals 3 Stock steigen, wenn man nimmer so gut kann, aber auch”
Ja da muss die Frau Matzner dem Herrn Jakob recht geben.
“Ich hab ihr ein Umzugsunternehmen geraten” erklärt der Herr Jakob.
“Wissens was, ich frag die anderen da in der Straße” mit einer ausholenden Handbewegung zeigt sie die Straße hinaus und hinunter, “da wird sich doch wer finden, der der Anna hilft, gibt ja genug kräftige junge Männer dabei”. Jetzt staunt der Herr Jakob aber, auf so eine Idee wäre er gar nicht gekommen.
Die Frau Matzner drückt ihre Zigarette aus und steckt den Stummel in eine kleine Dose, die sie immer dabei hat und macht sich gleich auf den Weg.
“Tschüss, Herr Jakob – wir schaffen das ”
Urheberrechte/© Andrea Voss

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