Der Herr Jakob und die Lust am kommenden Tag

herrjakob_klVis a vis vom Haus des Herrn Jakobs gibt es eine Bäckerei.
Kein so moderner Laden mit großer Glasscheibe, nein, ein kleiner Laden, mit weißer Theke, auf der ein paar Körbe stehen, mit frischen Semmeln und Salzstangerl. Hinter der Theke ist eine Wand mit Holzregalen, auf denen Brotwecken und Laibe liegen.
Neu sind zwei kleine Tische mit Sesseln. Auf den Sesseln liegen rote Polster und da kann man sich hinsetzen um einen Kaffee zu trinken, oder ein kleines Frühstück einzunehmen.
Die Bäckerei gehört dem Ehepaar, Clara und Martin Jung. Der Herr Jung hat die Bäckerei von seinem Vater übernommen und die Clara hat angefangen dort mitzuarbeiten, als sie den Martin geheiratet hat.
Sie hat im Verkauf geholfen, den früher Martins Mutter geführt hat.
Als die alten Bäckersleute in Pension gegangen sind, war klar, die Clara verkauft Brot und Gebäck und der Martin steht in der Backstube.
Als die Kinder von Clara und Martin gekommen sind, haben sie kurzzeitig eine Aushilfe eingestellt gehabt, ansonsten war die Clara ganz allein dafür verantwortlich, ja ein Lehrmädel habens auch immer gehabt im Verkauf und einen Lehrbub in der Backstube.


Jetzt sind die beiden Kinder schon mit der Schule fertig und arbeiten auch in der Bäckerei mit, ein richtiger Familienbetrieb.
Anfangen muss der Martin um 3.00 in der früh, manchmal auch noch früher, wenn z.b. ein Feiertag ist.
Da werden dann mehr Semmeln und auch mehr Brot gebraucht.
Man riecht gegen 6.00 Uhr früh dann das frische Brot und weiß, der Martin Jung ist bei der Arbeit.
Um die Zeit sperrt dann die Clara den Laden auf und schlichtet das Gebäck in die Körbe.
Die Clara hat angefangen ein Frühstück in der Bäckerei anzubieten. Mit Kaffee, Semmerl und Marmelade.
Das kommt sehr gut an und immer mehr Leute aus der Straße gehen morgens in die Bäckerei um zu frühstücken.
Der Herr Jakob war auch schon ein paar Mal dort, aber wenn er ganz ehrlich ist, der Kaffee aus der Maschine, der schmeckt ihm nicht so besonders. Er möchte einen richtigen Filterkaffee, mit der Hand aufgegossen.
Da kauft er sich lieber zwei Handsemmeln, macht sich seinen eigenen Kaffee und streicht die hausgemachte Marillen- oder Erdbeer-Marmelade seiner Cousine drauf.
Irgendwann hat es sich eingebürgert, dass die Clara dem Herrn Jakob jeden Tag 2 Semmeln bringt und sie ihm beim Fenster rein reicht. Zahlen kann der Herr Jakob einmal in der Woche, am Samstag. Da geht er rüber in die Bäckerei und holt sich seine Semmeln und kauft noch ein Stück Mehlspeise. Da zahlt er dann alles zusammen.
Er bedankt sich jeden Tag bei der Frau Clara, wenn sie an sein Fenster klopft und ihm die Semmeln rein reicht.
Etwas später kommt dann der Mohamed, ein junger ägyptischer Student vorbei, der bringt dem Herrn Jakob die Zeitung ans Fenster.
Da liegt das Geld dafür schon abgezählt am Fensterbrett.
Manchmal wechselt der Herr Jakob ein paar Worte mit dem Mohamed, der schon sehr gut Deutsch sprechen kann.
Der Duft des frischen Gebäcks, der sich mit dem Duft des Kaffees vermischt, Butter, Marmelade und die druckfrische Zeitung, machen dem Herrn Jakob so richtig Lust auf den kommenden Tag.

 

Urheberrechte/© Andrea Voss

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