Frau Huber und der neue Doktor

frauhuber1Der nächste Schreck für Frau Huber kam, als sie hörte, dass ihr langjähriger Hausarzt die Praxis an einen jüngeren Kollegen übergeben hat.
Den alten Arzt, er war jünger als Frau Huber, kannte sie schon Jahrzehnte und er wusste über jedes Wehwehchen der Frau Huber und sicher auch vieler anderer Patienten, bestens Bescheid.
In letzter Zeit war er ein wenig zittrig geworden und es gab so viele neue Auflagen in der Praxis und seine langjährige Ordinationshilfe ist auch in Pension gegangen.
Da hatte der gute Mann einfach genug und da er den Sohn eines Freundes kannte, der eine eigene Praxis gesucht hat, hat er sich entschlossen aufzuhören.
Zwar hat er versprochen, wenn Not am Mann ist, also Urlaub ect. die Vertretung zu machen, aber ansonsten zieht er sich zurück.
Frau Huber war ehrlich entsetzt als sie sich, wegen ihrer Knieschmerzen, aufgerafft hat, endlich zum Arzt zu gehen und da saß plötzlich eine fremde Frau an der Rezeption die sie nicht freundlich mit “Hallo Frau Huber” begrüßt hat. Sie wurde gefragt wie sie heißt. Sowas kannte sie seit Jahrzehnten nicht in dieser Ordination.
Mit einem tiefen Seufzer übergab die Frau Huber der neuen Sekretärin ihre Ecard und musste dann auch noch eine Menge Fragen beantworten, die die Frau am Computer eintippte.


Frau Huber hat dann im Wartezimmer Platz genommen, nachdem man ihr ein kleines Zettelchen mit einer Wartenummer in die Hand gedrückt hat. Das kannte sie bisher auch nicht und da entdeckte sie auch schon die Leuchttafel über der Tür zum Arztzimmer, auf der die Nummer aufleuchtet die eben dran kommen soll.
Na ja, das war ja vielleicht ganz praktisch, denn früher haben sich die Wartenden oft gestritten, wer als nächster Patient drankommen soll.
Aber so viel Neues, das macht die Frau Huber ganz unrund.
Und jetzt ist sie ganz gespannt wie der neue Doktor aussehen wird und wie er mit ihr umgehen wird.
Ein etwas mulmiges Gefühl für die Frau Huber.
Noch 2 Leute vor ihr, die Frau Huber sammelt im Geiste ihre Beschwerden zusammen, damit sie nur ja nichts vergisst. Sie nimmt einfach an, dass der neue Doktor viel von ihr wird wissen wollen.
Alle Patienten vor ihr sind ziemlich lange beim Arzt drinnen, viel länger als beim alten Doktor, da ging das oft ruckzuck und der Nächste war dran.
Und dann leuchtet auch schon die Nummer auf, die auf dem Zettelchen der Frau Huber drauf steht.
“Dr. Braun” stellt sich der junge, wirklich fesche Arzt vor und bittet die Frau Huber Platz zu nehmen.
Er hat ihren Akt auf dem Bildschirm, erklärt er ihr und kann aus den Aufzeichnungen des alten Doktors schon Einiges entnehmen, was die Frau Huber so an Beschwerden hatte bisher.
Das erstaunt die Frau Huber, denn sie war sich gar nicht bewusst, dass auch der alte Arzt irgendwelche Sachen in den PC eingegeben hat.
Aber das war dann doch gut so, denn so musste sie dem neuen Doc nicht alles von Anfang an erzählen und konnte ihm gleich auf ihre Knie aufmerksam machen, die ihr plötzlich so weh tun.
Während dem Gespräch beobachtet die Frau Huber den jungen Arzt ganz genau, er wirkte auf sie sehr sympatisch und auch sehr kompetent. Wenn nun die Salbe und die Tabletten die er ihr verschrieben hat, ihre Wirkung tun, dann könnte sich die Frau Huber schon vorstellen, dass sie Vertrauen zu ihm fassen könnte.
Nicht ganz so sehr, wie zum alten Doktor, den sie wirklich sehr vermissen wird, aber doch so viel, dass sie dem Jungen eine Chance geben wird.
In der Apotheke, wo man die Frau Huber auch gut kennt, wird sie gleich gefragt, was sie denn zu dem neuen Doc sagt. Frau Huber zwinkert der Apothekerin zu und meint, “Wird schon werden, er ist ja noch jung, der neue Doktor!”

9 Kommentare

  • Fabsi

    Also ich bin echt erstaunt, dass der alte Arzt von der Frau Huber sich die Nachfolge aussuchen konnte. Ich weiß von zwei Ärzten (der Arzt meiner Eltern geht jetzt grad in Pension), dass die keinerlei Mitspracherecht haben. Sogar wenn die Ordi im eigenen Haus ist, müssen sie die Person rein lassen, die die Stadt Wien bestimmt, oder sie können alternativ den Standort schließen. Vorschläge ihrerseits werden überhaupt nicht berücksichtig. Also sogesehen hatte die Frau Huber noch Glück, weil der alte Arzt wohl jemanden genommen hat, dem er zutraut, seine alten Patienten auch gut zu betreuen.

    • Nun da gibt es mehrere Möglichkeiten.

      Vielleicht lebt Frau Huber nicht in Wien.
      Vielleicht hat der alte Doc besonders gute Beziehungen und konnte sich daher seinen Nachfolger aussuchen.
      Vielleicht war es einfach Zufall, dass der Sohn des Freundes die Praxis bekam.
      Vielleicht hat man Frau Huber aber auch was Falsches erzählt und es ist gar nicht der Sohn des Freundes, sondern einfach ein netter junger Arzt, der die Prxis zugesprochen bekommen hat.
      Gerüchte kommen ja schnell zustande.

      • Fabsi

        Ich glaub das Letzte ;)

        Da sie ja bei dir im Haus wohnt, nehme ich an, sie ist aus Wien *hihihi* ….
        Die Beziehungen schließe ich aus, weil das ein Kommittee ist und es da gewisse Kriterien gibt.
        Drei wäre möglich und echt ein Glücksfall.
        Trotzdem tippe ich auf 4 :D

  • Cinderella

    Arztsuche ist mühsam.
    Ich hatte so einen lieben Arzt, dem ich voll und ganz vertraut habe. Der ist auch in Pension gegangen und sein Nachfolger ist leider nicht mein Fall.

    Liebe Grüße
    Cinderella

  • Susanna

    Ich kann die Frau Huber gut verstehen. Denn ein paar Ärzte hab ich auch, zu denen ich regelmäßig gehe und wo mir sehr leid tun wird, wenn die mal in Pension gehen.
    Dazu gehört auch meine Hausärztin, die ca. gleich alt ist wie ich. Grad wenn man selber schon alt ist, ist es mit jungen Ärzten schwer, weil die sich schwer in alte Menschen reinversetzen können. Das mit der Nummer beim Hausarzt find ich auch unpersönlich, bei meiner wird man mit Namen aufgerufen.

    • Mein Hausarzt geht auch mit Ende des Jahres in Pension.
      Darüber bin ich ganz und gar nicht erfreut. Ich hab aber jetzt Zeit mich drauf einzustellen und mich nach einem anderen Doktor umzuschauen.
      Mein jetziger Arzt ist noch in der Gegend wo wir früher gewohnt haben, jetzt werden wir einen hier in unserer Umgebung suchen müssen.

  • Ich glaube, ganz im Gegenteil, Ärzte haben bestimmt viel Stress und sind daher mehr gefährdet als manche anderen Berufsgruppen.
    Man sollte nur glauben, dass ein Arzt die frühen Anzeichen besser erkennen kann, aber das ist vermutlich auch ein Irrtum.

  • Emmy

    Mein Arzt ist vor 2 Monaten gestorben. Ganz plötzlich hatte er einen Herzinfarkt.
    Man sieht auch Ärzte sind davor nicht gefeit.
    Und nun kommt auch ein neuer Doktor als Hausarzt. Man muss sich da schon stark umstellen, weil der macht alles anders und moderner.

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