Frau Huber – Darf ich bitten ?

frauhuber1Eine Geschichte muss ich noch nachholen.
Es ist jetzt zwar schon Fastenzeit, aber der Fasching liegt ja noch nicht ganz so lange zurück.
Am Faschingsdienstag gab es im Cafe, in dem die Frau Huber mit ihren Freunden am Nachmittag oft Kaffee trinkt, eine kleine Faschingsveranstaltung.
Wer mochte konnte verkleidet kommen, es gab ein Freigetränk und der Besitzer hat die Tische vor der Theke weg geräumt und zu einer kleinen Tanzfläche umgestaltet.
Der Bärti, ja den nennen sie wirklich so, weil er einen Vollbart hat, hat sein Keyboard mitgebracht und spielt Tanzmusik. Bärti hat heute eine Melone auf dem Kopf, das ist ein Hut, der aussieht wie eine halbe Melone und eine große bunte Masche um den Hals.
Frau Huber wollte erst gar nicht hingehen, aber der Herr Hans hat sie so bittend angeschaut und da er ohnehin ein wenig unlustig war in letzter Zeit, wegen ihren Besuchen beim Herrn Haller, hat sie dann doch zugestimmt und sich einen roten Faschingshut aufgesetzt. Zu mehr Verkleidung war sie aber nicht bereit.
Der Herr Hans hat ein rot kariertes Hemd angezogen, dazu eine schwarze Hose und ein schwarzes Gilet und einen schwarzen Hut auf dem Kopf. Richtig elegant hat der Herr Hans ausgeschaut.
Auch die anderen Leute des Nachmittagscafes kamen mit der einen oder anderen Verkleidung.
Liesel musste es mal wieder übertreiben, die hat sich ein lila Spitzenkleid angezogen, eine weiße Federboa um die Schultern geschlungen, ein Band in die Haare gesetzt, mit einer riesen Feder drauf.
Sie sah aus wie ein Glamourgirl aus den 20er Jahren, nur halt die Seniorenausgabe davon.
Frau Huber bestellte sich einen Gspritzten, zur Feier des Tages, als Gratisgetränk und dazu ein belegtes Brot.
Der Herr Hans nahm ein Bier und ein Speckbrot und man saß eng beisammen, weil ja ein paar Tische fehlten wegen der Tanzfläche.


Die Liesel sah sich ständig um, ob sie denn nicht endlich jemand zum Tanzen auffordern würde.
Die Frau Huber wiederum hoffte, dass niemand auf die Idee kommen würde, sie zu holen.
Dass der Herr Hans nicht so gern tanzen würd wollen, wusste sie ja. Er war schon in seiner Jugend kein so toller Tänzer, das erzählt er immer wieder, wenn die Rede drauf kommt.
Doch plötzlich hört die Frau Huber neben sich “Darf ich bitten ?”
Ganz erschrocken schaut sie auf und fast wäre ihr das Weinglas aus der Hand gefallen.
Da stand doch wirklich der Herr Haller neben ihr und fordert sie zum Tanzen auf.
Sie hatte gar nicht bemerkt, dass er ins Lokal gekommen ist und jetzt will er sogar mit ihr tanzen.
Sie steht auf und folgt ihm auf die Tanzfläche. Aus dem Augenwinkel beobachtet sie den Herrn Hans, der ziemlich verärgert aus seinem rot karierten Hemd schaut.
Es ist ihm gar nicht recht, dass dieser Uhrmacher jetzt auch in das heimelige Cafe kommt.
Und dass er mit der Lintschi tanzt, gefällt ihm noch viel weniger.
Der Herr Haller kann sehr gut tanzen, er führt die Frau Huber ganz leicht über das Parkett und heimst so einige bewundernde Blicke von den umsitzenden Damen ein.
Die Liesel schaut auch neidisch zur Tanzfläche, mit dem Herrn Haller hätte sie auch gern getanzt.
Mit roten Backen und ein wenig außer Atem kommt die Frau Huber zurück an ihren Tisch, der Herr Haller küsst ihr ganz galant die Hand und verschwindet dann in die dunkle Ecke, in der er vorher schon gesessen hat.
Er trinkt seinen Tee aus und verlässt dann das Lokal so heimlich wie er gekommen ist.
Der Herr Hans ist darüber etwas erleichtert, der Frau Huber tut es leid, sie hätte gern nochmal getanzt, weil der Herr Haller so gut führen kann.
Und die Liesel ärgert sich, weil er sie gänzlich übersehen hat. Dabei hätte sie doch auch so gerne getanzt.

Die Frau Huber nimmt sich vor, am nächsten Tag zum Herrn Emmanuel Huber zu gehen und sich für den schönen Tanz zu bedanken.

 

Urheberrechte/@ Andrea Voss

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