Kein freier Sitzplatz im Bus

busEs schüttete wie aus “Schaffel” wie man bei uns in Wien sagt und dazu ging ein ziemlich heftiger Wind.
Echt grausliches Novemberwetter, mitten im Februar.
Alle Menschen auf der Straße hatten es eilig um irgendwie ins Trockene zu kommen.
Ich war auch schnellen Schrittes unterwegs, mit einem Schirm, der zwar den Regen abhielt, wenn es windstill war, für den Sturm aber nicht gerüstet war, weil er sich mehrmals umgedreht hat und ich dafür immer eine 3. Hand gebraucht hätte um ihn wieder seiner Aufgabe zuzuführen.
Was war ich froh, dass der Bus in den ich einsteigen wollte, schon in der Station stand, mit laufendem Motor, was so viel bedeutete, dass er eigentlich schon abfahrbereit war.
Im Inneren des Busses musste ich mich erstmal meines Schirms entledigen, was nicht einfach war, denn der war ja tropfnass. Dabei hab ich wohl den jungen Mann, der auf dem Einzelsitz (das ist mein bevorzugter Platz) saß, ein wenig angespritzt.
Der war aber gar nicht böse, sondern lachte freundlich und seine großen schwarzen Augen blinzelten mir lustig zu. Ich entschuldigte mich vielmals bei ihm und er antwortete mir in einer mir unverständlichen Sprache.
Wir haben uns zwar gegenseitig sprachlich nicht verstehen können, aber wir wussten beide worum es ging.
Als ich meinen widerspenstigen Schirm endlich gezähmt hatte und mich nach einer Sitzgelegenheit umsah, stellte ich fest, dass der Bus sehr voll war. Kein einziger freier Sitzplatz.
Und just in dem Moment fuhr der Bus auch schon los. Fast wäre ich auf dem Schoss des jungen Mannes gelandet, das wäre sehr peinlich gewesen.
Der Mann aber stand sofort auf und bot mir seinen Platz an.
Was für ein Glück, so ein höflicher junger Mann, mit Humor und guten Manieren, sowas kommt einem ja heutzutage nicht mehr so oft unter. Und mein Lieblingsplatz war das auch noch dazu.
Das war offenbar mein Glückstag.
Obwohl – ich dachte mir dann schon, jetzt sieht man mir offenbar mein Alter schon an, wenn die Jüngelchen aufstehen und mir ihren Platz anbieten. Passiert mir in letzter Zeit schon öfter mal.
Erst hab ich ja immer dankend abgelehnt, weil ich mir dachte, na so alt bin ich auch noch nicht. Inzwischen nehm ich jeden Sitzplatz den ich bekommen kann. Ist halt doch bequemer als zu stehen.
Und ich muss gestehen, es gibt schon immer noch gut erzogene junge Menschen, die es von ihren Eltern (oder von wem auch immer) gelernt haben, dass man zumindest fragt, ob ein ältere Mensch seinen Sitzplatz haben möchte.
Man darf wirklich nicht immer über “diese Jugend” herziehen.
Meint ihr nicht auch ?

 

Urheberrechte/© Andrea Voss

3 Kommentare

  • Meine 6-jährige Nichte ist ganz gut zu Fuß unterwegs, aber blond und mit meist einem etwas verträumten Lächeln im Gesicht, ist sie der beste Garant dafür, dass man einen Platz im Bus bekommt. Unlängst war ich mit ihr im Kino, bei der Hinfahrt hat uns ein ca. 16-jähriger Bursche den Platz überlassen bei der Rückfahrt ein älterer Herr… :) Ich hab leider bei weitem keine solche Wirkung …. ;)
    LG Mary

  • lifetellsstories

    Herrlich, ich musste an ein Erlebnis denken, das wir in Venedig hatten. Ich habe es unter “Stock und weißer Bart” auf meinem Blog schon erzählt. Nur weil mein Mann mit Stock und weißem Bart unterwegs war, wurde ihm sofort im Wasserbus ein Sitzplatz angeboten. Er hat sich damals tüchtig darüber gefreut, denn den Stock hatte er sich gerade als Souvenir in einem Antiquitätengeschäft gekauft.
    LG
    Astrid

  • Susanna

    Die meisten Jugendlichen erlebe ich neutral, sie sitzen und spielen mit dem Handy, benehmen sich aber weder unfreundlich, rücksichtslos noch freundlich und hilfsbereit. Somit hab ich keinen Grund über sie herzuziehen, dass sie mir einen Sitzplatz anbieten, das kommt hoffentlich noch ;-))

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